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Übersetzung: Lumina – Lektion 26 (Text 1): Ein Abstieg in die Unterwelt

Lektionstext

Olim Orpheus poeta in Thracia vivebat. Huic dei artem praeclaram dederant: Carminibus,
quae lyra canebat1, non modo homines delectabat, sed etiam bestias, immo arbores
saxaque ita movebat, ut gauderent, dolerent, riderent, flerent ut homines.

Cui poetae Eurydice, virgo Thraciae pulcherrima, amore capta nupsit. Sed sors mox
finem composuit felicitati, non amori, eorum: Eurydice, dum cum amicis per pratum2
ambulat, morsu3 serpentis laesa et statim veneno occisa est.

Graviter Orpheus de uxoris morte doluit, saevis verbis deos accusavit: „Quis vestrum
mihi dicere potest, cur tam crudeles sitis, dei? Qua de causa homines semper a vobis
vexantur? Quis vestrum Eurydicem miseram et me perdidit?“

Orpheus, postquam ita deflevit fortunam miseram, „Nihil“, inquit, „prosunt verba mea.
Cur non adeam deos Orci, ut uxorem mihi reddant?“ – Ad portam Taenariam, ubi Orcus,
regnum inferorum, intratur, se contulit. Carminibus suis etiam Cerberum, canem trium
capitum, qui vigilabat ad portam, ita mitigavit4, ut virum fortem descendere ad inferos
sineret. Tandem per animarum turbas, quae sine corporibus per tenebras migrant, ad
Plutonem, regem Orci, et Proserpinam, uxorem eius, pervenit.

1 lyra canere: zur Harfe singen
2 pratum: Wiese
3 morsu: durch den Biss
4 mitigare: besänftigen

Übersetzung

Einst lebte der dichter Orpheus in Thrakien. Diesem hatten die Götter eine hochberühmte Kunst verliehen: Mit seinen Liedern, die er zur Harfe sang, erfreute er nicht nur Menschen, sondern bewegte auch wilde Tiere, ja sogar Bäume und Felsen so sehr, dass sie sich freuten, Schmerz empfanden, lachten und weinten wie Menschen. Diesen Dichter heiratete Eurydice, die schönste Jungfrau von Thrakien, von Liebe ergriffen. Aber das Schicksal machte ihrem Glück bald ein Ende, nicht aber ihrer Liebe: Während Eurydice mit ihren Freundinnen über eine Wiese schlenderte, wurde sie durch den Biss einer Schlange verletzt und sofort von dem Gift getötet. Orpheus trauerte heftig über den Tod seiner Frau, klagte mit wütenden Worten die Götter an: „Wer von euch kann mir sagen, warum ihr so grausam seid, Götter?

Aus welchem Grund werden die Menschen immer von euch gequält? Wer von euch hat meine arme Eurydice und mich zu Grunde gerichtet?

Nachdem Orpheus so sein elendes Schicksal beweint hatte, sagte er: „Meine Worte nützen nichts! Warum gehe ich nicht zu den Göttern der Unterwelt, damit sie mir meine Ehefrau zurückgeben?

Er begab sich zur Porta Taenaria, jenen Ort, wo der Orcus, das Reich der Götter der Unterwelt, betreten wird. Mir seinen Liedern besänftigte er auch Cerberus, den dreiköpfigen Hund, der am Tor wachte, so sehr, dass er den tapferen Mann zu den Göttern hinabsteigen ließ. Endlich gelangte er durch die Menge der Seelen, die ohne Körper durch die Finsternis wanderten zu Pluto, dem König der Unterwelt, und Proserpina, seiner Frau.