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Übersetzung: Lumina – Lektion 26 (Text 2): Holt Orpheus Eurydike aus dem Totenreich zurück?

Lektionstext

Stupuit Pluto, quod homo huc invaserat vivus: „Interrogo te, qua via nostrum regnum
invaseris quoque animo legem aeternam deorum laedas.“ Orpheus: „Interrogas me, Pluto,
cur huc venerim. Certe non in Orcum descendi, ut haec loca taetra1 ante tempus viderem.
Causa viae coniunx est mea. Interrogo, cur Eurydice nova nupta2 mihi rapta sit. Dolorem
tolerare non potui: Vicit Amor! Qui deus etiam his locis non est ignotus, nam te quoque
Proserpinamque iunxit amor, ut fama est. Non ignoro nos homines serius aut citius3 ad
sedem venturos vestram atque omnibus hanc domum ultimam esse. Nonne Eurydici
mihique licet huc venire tum, cum numeros annorum iustos expleverimus4?“ – Et canebat
lyra amorem doloremque suum.

Movetur animus Plutonis, movetur animus Proserpinae:

Eurydicem vocant. Orpheum ad lucem praecedere, Eurydicem post eum incedere iubent,
sed addunt legem duram: „Ne retro flexeris oculos in itinere! Aut omnia irrita erunt.“
Praecedebat Orpheus per viam arduam, obscuram, longam. Iam non procul aberant a
porta Taenaria, iam lucem solis videbant, cum ille desiderio commotus uxorem videre
cupivit, oculosque retro flexit. — Frustra Eurydice manum mariti tangere temptavit;
ultimum „Vale!“ dixit. Rediit ad inferos nimio mariti amore iterum necata.

1 taeter, taetra, taetrum: scheußlich
2 nova nupta: jung verheiratet
3 serius aut citius: früher oder später
4 numeros annorum expleverimus: wir haben die Zahl unserer Lebensjahre vollendet

Übersetzung

Pluto staunte, weil ein lebendiger Mensch hierher eingedrungen war: „ Ich frage dich, auf welchem Weg du in unser Reich eingedrungen bist und mit welcher Absicht du das ewige Gesetz der Götter verletzt. Orpheus: „Du fragst mich, Pluto, warum ich hierhin gekommen bin.

Gewiss bin ich nicht in den Orcus hinabgestiegen, um diese scheußliche Gegend vor meiner Zeit zu sehen. Der Grund dieses Weges ist meine Ehefrau. Ich will wissen, warum Eurydice jung mit mir verheiratet, mir geraubt worden ist. Ich konnte den Schmerz nicht ertragen: Amor hat gesiegt! Dieser Gott ist auch in dieser Gegend nicht unbekannt, denn auch dich und Proserpina hat die verbunden, wie die Sage berichtet. Ich weiß genau, dass wir Menschen früher oder später zu euerem Sitz kommen und dass dieses Haus das letzte für alle ist. Ist es etwa Eurydice und mir nicht erlaubt dann hierher zu kommen, wenn wir die Zahl unserer Lebendjahre vollendet haben?

Und er besang zur Harfe von seiner Liebe und seinem Schmerz. Er rührte das Gemüt des Pluto, er rührte das Gemüt der Proserpina. Sie ließen Orpheus zum Licht vorangehen, Eurydice nach ihm folgen, aber sie fügten eine harte Bedingung hinzu: Wende deine Augen auf dem Weg nicht zurück. Oder alles wird vergeblich sein. Orpheus ging auf dem steilen, dunklen und langen Weg voraus. Schon waren sie nicht mehr fern der Porta Taenaria, schon sahen sie da Licht der Sonne, als jener aus Sehnsucht dir Frau zu sehen bewegt, zurückblickte. Vergeblich versuchte Eurydice die Hand des Ehemannes zu berühren; sagte ein letztes „Lebe wohl!. Wiederum getötet, diesmal von der allzu großen Liebe ihres Ehemannes, kehrte sie wieder zu den Göttern der Unterwelt zurück.