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Übersetzung: Lumina – Lektion 28: Pro und contra

Lektionstext

Legati verbis gravibus curas civitatis enarraverunt1.

Consules verbis eorum auditis auxilium promiserunt.

Interim legatis per domos Romanorum nobilium invitatis Carneades, praeclarus ille
Atheniensium philosophus, rogatus est, ut orationem haberet de natura deorum.
Carneades: „A vobis, Romani, interrogatus, essentne dei, respondeo: ‘Sunt.’ Mea quidem
sententia dei immortales humanas res curant et mundum totum regunt. Itaque homines
non modo deos sacrificiis iure colunt, sed etiam fidem, iustitiam, pietatem servant, quae
nobis datae sunt a deis. Eaedem2 bonas iustasque faciunt civitates. Nisi vos, Romani,
pietatem erga deos servavissetis bonosque mores iustitiamque coluissetis, res publica
vestra numquam tanta gloria affecta esset.“

Verbis tam blandis auditis cuncti gaudebant. Cum postridie Carneades iterum invitatus
esset, ut orationem haberet, fama illius totam per urbem diffusa3 etiam plures
convenerunt.

Silentio facto Carneades „Heri,“ inquit, „me interrogavistis, essentne dei. Aiebam4 esse.
Hodie vobis ostendam deos non esse. Nam dei, si essent, mundum optime regerent. – At
interrogo vos: ‘Num mundus optime regitur? Num deos homines scelestos a maleficiis
prohibere vel punire videtis?’ —

Dei, cum nihil agere appareant, aut dormiunt aut omnino non sunt. Itaque timor vanus
deorum homines movet. Immo vero, cum cura deorum absit, hominum est leges dare,
hominum est cives malos civitatesque malas coercere. Qua re vos, Romani, finibus
imperii prolatis leges populis alienis imponitis. Eo modo res publica vestra tanta gloria
affecta est. Itaque deis opus neque erat neque est.“

His verbis impiis auditis tamen oratio Carneadis a nonnullis laudabatur. Praecipue
iuvenes rem in utramque partem5 disputatam esse gaudebant. Senatores autem, cum
mores maiorum illa philosophia Graeca deleri putarent, senatu convocato Carneadem et
omnes philosophos Roma exire iusserunt.

1 enarrare: vortragen
2 eaedem (Nom.Pl.f.): dieselben; sie … auch
3 diffusus: PPP von diffundere: verbreiten
4 aiebam: ich behauptete
5 in utramque partem: nach beiden Seiten hin

Übersetzung

Die Gesandten trugen mit schweren Worten die Sorgen der Bürgerschaft vor. Nachdem die Konsuln deren Worte gehört hatten, versprach sie Hilfe. Inzwischen wurde, nachdem die Gesandten in die Häuser der adligen Römer eingeladen worden waren, Carneades, jener hochberühmte Philosoph der Athener, gefragt, ob er eine Rede über das Wesen der Götter halten könne.

Carneades: „Von euch gefragt, Römer, ob es Götter gibt antworte ich: >Es gibt sie.< Meiner Meinung nach jedenfalls, kümmern sich die unsterblichen Götter um die Sachen der Menschen und regieren die ganze Welt. Daher verehren die Menschen nicht nur zu Rechts die Götter durch Opfern, sondern bewahren auch die Treue, die Gerechtigkeit und die Frömmigkeit, die uns von den Göttern gegeben worden sind. Dieselben machen auch gute und gerechte Bürgerschaften. Wenn nicht ihr, Römer die Frömmigkeit den Göttern gegenüber bewahrt und die guten Sitten und die Gerechtigkeit gepflegt hättet, wäre euer Staat niemals mit so großem Ruhm versehen worden." Nachdem sie die schmeichelhaften Worte gehört hatten, freuten sich alle. Als Carneades am folgenden Tag wieder eingeladen wurde, um eine Rede zu halten, kamen sogar mehr zusammen, weil sein Ruf über die ganze Stadt verbreitet worden war. Als Stille eingekehrt war, sagte Carneades: "Gestern habt ihr mich gefragt, ob es Götter gibt. Ich behauptete, dass es sie gäbe. Heute werde ich euch zeigen, dass es keine Götter gibt. – Denn die Götter, wenn es sie gäbe, würden die Welt sehr gut regieren. Jedoch frage ich euch: >>Wird die Welt etwa sehr gut regiert? Seht ihr etwa, dass die Götter die verbrecherischen Menschen an ihren Übeltaten hindern oder sie bestrafen?<< Die Götter, weil sie nichts zu machen scheinen, schlafen entweder oder es gibt sie überhaupt nicht.Daher bewegt eine unnütze Furcht die Menschen vor den Göttern. Ja es ist wahrhaftig sogar, wenn die Sorge der Götter fehlt, die Aufgabe der Menschen Gesetzte zu geben und es ist die Aufgabe der Menschen schlechte Bürger und schlechte Bürgerschaften im Zaum zu halten. So habt ihr Römer, nachdem ihr die Grenzen des Reiches ausgedehnt habt, fremden Völkern eure Gesetzte auferlegt. Auf diese Weise ist euer Staat mit einem solchen Ruhm versehen worden. Daher waren die Götter weder nötig noch sind sie es." Nachdem sie diese gottlosen Worte gehört hatten, wurde Carneades Rede dennoch von einigen gelobt. Besonders junge Männer und Frauen freuten sich, dass die Sache nach beiden Seiten hin diskutiert wurde. Die Senatoren jedoch riefen den Senat zusammen, weil sie meinten, dass die Sitten der Vorfahren durch jene griechische Philosophen zerstört worden seien, und befahlen Carneades und allen Philosophen aus Rom hinaus zu gehen.